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Erfahrungsbericht: Die erste Chemotherapie unseres Hundes

Im letzten Artikel habe ich beschrieben, wie wir die erste Zeit nach der Krebsdiagnose „Hämangiosarkom“ bei unserem Hund erlebt haben. Heute folgt ein Erfahrungsbericht über die erste Chemotherapie bei unserem Hund, unsere Erfahrungen, Herausforderungen und Learnings. Da ich online kaum hilfreiche Informationen finden konnte, möchte ich hier unsere Erkenntnisse teilen – in der Hoffnung, dir in einer ähnlichen Situation Unterstützung zu bieten.

Eins muss ich vorab wieder ganz deutlich sagen: Ich teile unsere Erfahrungen, unsere Learnings und was wir gemacht haben. Ich bin weder (Tier-)Ärztin, noch Naturheilkundlerin, noch in sonst irgend einer Art medizinisch ausgebildet. Ich habe mir die Informationen zusammengesucht, mich durchgefragt und probiere aus. Und was mit meinem Hund funktioniert, muss nicht mit deinem funktionieren.
Außerdem fasse ich hier alle Erlebnisse von mittlerweile 2 Chemos zusammen. Auch wenn die erste aufgrund der parallelen Antibiotika-Medikation etwas härter war als die zweite, gibt es doch Parallelen.

Die Ausgangslage: der Zustand vor der ersten Chemotherapie

Zur Erinnerung (Siehe vorherigen Artikel): Unser Dicker hatte aufgehört zu fressen, wir mussten ihm die Medikamente mit Gewalt in den Hals zwingen, weil er nichts mehr genommen hatte, wo wir sie drin hätten verstecken können, die OP war 3 Wochen her, wir hatten einige durchwachte Nächte und nun stand also die erste Chemo ins Haus.

Die erste Chemotherapie – Ablauf und unsere Erfahrungen

Bevor entschieden wird, ob die Chemo-Infusion gegeben werden kann, muss ein Blutbild gemacht werden. In unserer Tierklinik Vetaurelia dauert ein Blutbild 5 – 10 Minuten. Wir wussten also recht schnell, dass die Werte ok genug sind und die Chemo gemacht werden kann.

In Frankreich muss der Hund nach einer Chemo 24 Stunden unter Beobachtung bleiben, in Deutschland darf er glaube ich nach der Infusion nach Hause.
Emotional ist es für uns hart, dass unser kleiner 24 Stunden weg ist, vor allem, weil er vor seiner Erkrankung noch nie irgendwo ohne uns geschlafen hat. Aber persönlich ist es gut, dass wir einmal kurz die Verantwortung abgeben dürfen und dass er professionell beobachtet wird, nachdem er einen solchen Chemie-Hammer bekommt, ist beruhigend. Wir würden hier sonst die Wände hochgehen und jedes Zucken und Schnaufen analysieren.

Der Köti bekam also noch während wir zurückfuhren seine erste Infusion Doxorubicine und wir hatten eine Email, dass es ihm gut geht, sobald wir zu Hause ankamen. Das war schon mal gut.
Der Tag verging sehr komisch, denn der Hund fehlte. Auch wenn er in letzter Zeit nicht er selber war, fehlte seine Anwesenheit und uns fielen erst jetzt die vielen kleinen Dinge auf, die er für uns tut, wie uns daran zu erinnern, dass es Zeit zum Mittagessen ist oder dass wir genug gearbeitet haben oder dass er beim Yoga neben mir liegt. Außerdem waren wir super unruhig, weil wir nicht wussten, was auf uns zukommt.

Am nächsten Tag haben wir einen völlig durchgeknallten Hund in Empfang genommen. Er war überdreht, musste total doll aufs Klo (groß und klein) und hatte einen unglaublichen Durst. Es schien ihm leicht schlecht zu sein, denn bei der Rückfahrt kam er in den vielen Kurven öfter mal hoch, aber ansonsten war alles gut. Zuhause haben wir einen „normalen“ Tag ablaufen lassen, damit der Hund beruhigt schlafen konnte.

Die ersten zwei Tage vergingen, als ob nichts wäre. Er wirkte wie immer, hat (genauso schlecht wie vor der Chemo) gefressen, war aber sonst aktiv und munter. Abgesehen davon, dass der ganze Hund hochgradig giftig war und man ihn und seine Hinterlassenschaften nur mit Einweghandschuhen anfassen darf, hätte man denken können, es sei nichts passiert!

Praktische Tipps für die Zeit nach der Chemo-Infusion

Als erstes und wichtigstes: Ruhe bewahren! Es passieren jetzt in den nächsten Tagen komische Dinge – einfach erkennen und das Beste geben, mehr geht eh nicht.

Und das zweite wichtigste: Kuscheln! Für den Hund und für dich! Der Hund versteht gar nicht, was ihm passiert und er braucht die Unterstützung, also ganz viel Kuscheln, auch wenn er dieses Gift in seinem Organismus hat. Er hat Stress und Angst und Schmerzen, also sei bei ihm und lass ihn nicht alleine. Dein Hund steht das alles für dich durch, vergiss das nicht.

Huu, das war emotional. Machen wir weiter im Text.

Wenn die Phase losgeht, in der der Hund das Futter verweigert, dann geht es nicht zwangsläufig darum, dass ihm schlecht ist. Wobei das bei deinem Hund natürlich durchaus sein kann!
Aber wir haben das Gefühl, dass die Chemo einen Einfluss auf den Geruchssinn hat und das übliches Futter einfach eklig riecht. Denn er nimmt sein Futter (Trockenfutter von Defu) bei den Spaziergängen als Belohnung und wenn man es wirft – er also keine Zeit hat, daran zu schnüffeln. Aber aus dem Napf will er es nicht.

Ein weiterer (in meinen Augen) Beweis für die Veränderung an seinem Geruchssinn ist, dass der Hund ab Tag 3 manchmal irgendwo rumsteht, die Nase in den Wind hält und total versunken schnüffelt. Oder er steht 30 cm vor unserer Hauswand und schnüffelt sich da fest, als hätte er noch nie eine Wand im Allgemeinen und diese im Speziellen gesehen. Aber nicht auf Bodenhöhe, wie er es sonst tut. Nein, er schnüffelt dann immer mit dem Kopf im Nacken nach oben. Und es ist jetzt nicht so, dass an dieser Wand irgend etwas passiert wäre, es gab keine frische Farbe, es können keine Tiere hochklettern, es wachsen dort keine Pflanzen – es ist der Normtyp einer Wand. Sehr merkwürdig.

Für das Futter bedeutet es, man braucht eine Alternative.
Wir haben das Glück, dass unser Hund sehr viel mit uns kommuniziert. Ich halte ihm alles vor die Nase, was er nehmen soll oder muss. Er schnüffelt daran und entweder gibt er mir sein OK (indem er dagegen stupst oder drüber leckt) oder er will es nicht, dann dreht er den Kopf weg. Bei Medikamenten akzeptiert er dann aber trotzdem, dass wir es anwenden.

Also halte ich ihm bei jeder Fütterung zuerst einmal sein übliches Futter vor die Nase (er bekommt Defu Trockenfutter und dazu Reis, Haferflocken oder Couscous). Er lehnt ab, in dem er – ich schwöre es: angewidert – die Nase kraus zieht, bevor er den Kopf weg dreht. Und danach probiere ich mich durch: gekochte Kartoffeln – ja/nein, gekochter Reis – ja/nein, Apfelmus, Banane, Joghurt, Haferflocken, Couscous, ein rohes Ei … Wofür er sein Ok gibt, bekommt er in seinen Napf. Und abends das gleiche noch mal.

Eine Komplikation gibt es noch, die ich nicht unerwähnt lassen möchte. Wenn wir den Moment verpassen, ab dem er wieder „normal“ fressen würde und dann weiter das Ersatzfutter geben, ist es für das nächste Mal verbrannt, er nimmt es dann nicht mehr. Rezept 1 (s. unten) hat bei der ersten Chemo superduper funktioniert, ich war total zufrieden und wahnsinnig stolz, dass ich mir das ausgedacht habe. Beim zweiten Mal hat er dann die gebackenen Kekse einfach ausgespuckt. Was war ich verzweifelt, als ich alles weggeworfen habe! Bei der zweiten Chemo haben wir deshalb wahnsinnig aufgepasst, dass er 1. nicht die ganze Zeit das selbe bekommt, nur weil es funktioniert und 2. ab Tag 7 sein Trockenfutter eingeschlichen und die Ersatzmittel ausgeschlichen.

Rezepte für Hunde während der Chemotherapie:

  • Rezept 1:
    Haferflocken, Apfelmus, Naturjoghurt und Öl im Mixer zu einem recht festen Brei verarbeiten. Falls dein Hund den Paps nicht so nimmt, kannst du mit einem Teelöffel kleine Häufchen auf ein Backblech setzen und bei ca. 80 – 100 Grad trocknen (dauert ca. 30 min. Kontrolliere zwischendrin ob sie schon fest genug sind.)
    Alternative: Ich habe auch mal einen Brei aus seinem eingeweichten Trockenfutter mit Haferflocken, Kräutern, Joghurt und Öl gemacht und genauso getrocknet.
  • Rezept 2:
    Huhn / Hähnchenschlegel in Wasser gekocht bis sie vom Knochen abfallen, gekochter Reis (Parboiled oder Jasmin), optional Kräuter, ein paar Löffel Nassfutter (falls der Hund nicht fressen will), Apfel / Birne / Salat / Gurke / Zucchini
  • Notlösung 1:
    Das Kochwasser vom Huhn, damit kann man so einiges schmackhaft machen.
  • Notlösung 2:
    Thunfisch im eigenen Saft! Den Saft gieße ich ab Tag 8 über das Trockenfutter, das Fleisch nutze ich, um Tabletten zu verabreichen und rühre es auch in das (Ersatz-)Futter, wenn der Köti es nicht von alleine nimmt.
  • Notlösung 3:
    Chips oder Salzstangen – findet er super und scheinen den Appetit anzuregen, denn danach frisst er dann, auch wenn er vorher nicht so richtig wollte.

Als Öl nehme ich Rapsöl oder Fisch- bzw. Lachsöl.

Unsere Learnings – Was wir für die anstehenden Chemos mitgenommen haben

  1. An Tag 3 gehen die Nebenwirkungen los. (Also die Infusion am besten auf einen Mittwoch legen und das Wochenende frei halten.)
  2. An Tag 3 frisst er nichts, hat dafür an Tag 4 Kohldampf. Davon darf man sich nicht beeindrucken lassen, denn wenn man jetzt zu viel Futter gibt, dann bekommt er totale Bauchschmerzen und Blähungen, denn er frisst nach wie vor nicht sein richtiges Futter.
  3. Wenn man total verzweifelt, weil der Hund einfach nichts fressen will, dann helfen ein paar Chips oder Salztstangen als Appetitanreger.
  4. Tag 5 & 6 schläft er fast durch -> kleine und nur die nötigsten Spaziergänge
  5. Tag 7 geht es langsam wieder aufwärts, jetzt kann alles (Bett, Kuscheltiere, Handtücher etc.) gewaschen werden und die Einweghandschuhe können weggelassen werden.
  6. Tag 8 – 10 immer weiter das reguläre Futter einschleichen und das Ersatzfutter gleichzeitig ausschleichen.
  7. Ab Tag 7 will er ein bisschen Ball spielen – nicht zu viel!
  8. Unserer Ansicht nach frisst er sein reguläres Futter nicht, wenn er mit den Nebenwirkungen zu tun hat. Aber sobald die Nebenwirkungen nachlassen, muss das Ersatzfutter gestoppt werden, sonst nimmt er es beim nächsten Mal nicht.
  9. Der Magen-Darm-Trakt muss über die gesamte Zeit der Chemo ohne Unterbrechung unterstützt werden.
  10. Wenn er Bauchschmerzen hat, dann kann man ihm auch mal eine Schmerztablette geben (vom Tierarzt!! Keine Human-Medizin!!!).
  11. Was hilft, um den Appetit anzuregen: Warm machen. Entweder kann man das Hühnchen warm machen oder man gießt warmes Wasser in den Napf. Auch Kräuter können helfen. Fischöl, das Kochwasser vom Huhn anstelle von Leitungswasser nehmen. Ein bisschen Nassfutter untermischen oder Thunfisch bzw. nur den Saft.

Fazit

Diese Zeit (Krebsdiagnose, OP und Chemotherapie) ist eine unfassbar herausfordernde Zeit – emotional und auch ein bisschen körperlich (wegen dem ganzen Schlafmangel). Ich habe oft ein schlechtes Gewissen und fühle mich unsicher, weil ich manchmal fast vergesse, dass er so krank ist. Und wenn er mich nervt, weil er will, dass ich aufhöre zu arbeiten oder aufstehe oder er sich auf meine Yoga-Matte legt – hat er alles schon immer getan und hat mich schon immer genervt, aber jetzt fühle ich mich plötzlich schuldig dafür, dass es mich nervt und dann fühle ich mich undankbar und noch schuldiger und dann muss ich mich sehr doll zusammenreissen, um nicht den Halt zu verlieren.

Wir haben gelernt, dass wir seine Signale richtig deuten müssen, dass er uns schon sagt, was er braucht, wir müssen es nur richtig verstehen. Daran scheitern wir oft. Aber bisher haben wir mit der Behandlung die richtige Entscheidung getroffen, denn es gibt auch sehr viele Momente, wo ich das Gefühl habe, dass er sich dafür bedankt, dass wir ihm helfen. Er kommt dann plötzlich an und schenkt uns einen ganz ruhigen, ehrlichen Moment und ich habe das Gefühl, dass er Danke sagt, bevor er wieder das gleiche Chaos wie immer macht.


Hast du ähnliche Erfahrungen mit der Chemotherapie deines Hundes gemacht? Teile sie in den Kommentaren und lass uns gemeinsam lernen und uns unterstützen! Wenn du Fragen hast, schick mir gerne eine Nachricht – ich helfe dir, so gut ich kann.

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